Das WAS und WIE des Experiments
Warum Co-Pd?
In Kobalt findet sich ein Element, bei dem die Curie-Temperatur (Tc=1120°C=1393K) ungewöhnlich hoch liegt. Mit einem Zusatz von Palladium (bis zu 35 Atom%) kann der Schmelzpunkt abgesenkt werden, ohne daß die Curie-Temperatur zu weit absinkt. Einen minimalen Abstand zwischen Schmelz- und Curie-Temperatur findet man für die Zusammensetzung 80:20. Daher haben wir unsere Untersuchungen zunächst auf die Legierung Co80Pd20 konzentriert.
Für die feste Phase dieser Legierung findet man die Schmelztemperatur Tl=1335°C=1608K und Tc=1000°C=1273K
Was ist der Trick?
Noch immer ist die Schmelztemperatur wesentlich höher als Tc, aber die Natur lässt sich mit einem kleinen Trick überlisten! Eine Flüssigkeit muß nicht notwendigerweise bei Unterschreiten der Schmelztemperatur fest werden, es muß sich zunächst ein Kristallisationskeim bilden, von dem die Erstarrung ausgehen kann. Im täglichen Leben kann dies bei der überfrierenden Nässe beobachtet werden. Regentropfen, deren Temperatur unterhalb des Schmelzpunktes von Wasser liegt, treffen auf die Erde, es bildet sich ein Kristallisationskeim und daraufhin Eis. Der Regentropfen war unterkühlt.
Wie realisieren wir den Regentropfen?
Und genau das ist es, was wir machen. Wir unterkühlen einfach einen Tropfen der Metallegierung und schauen nach was passiert! In einem starken magnetischen Wechselfeld in einer Drahtspule wird die Probe schwebend gehalten (Levitation, s. Bild) und aufgeheizt; so vermeidet man Kontakt zu keiminduzierenden Tiegelwänden. Außerdem sorgt eine reduzierende Wasserstoffatmosphäre für die Sauberkeit der Probenoberfläche.
Durch Anblasen mit Gas (Wasserstoff) und Regelung der Stärke des Wechselfeldes läßt sich nun die Probentemperatur wie gewünscht einstellen, man kann sie unterkühlen. Wenn man sehr sauber arbeitet, können große Unterkühlungen von 300°C und mehr erreicht werden.
Der erste Hinweis
In Zusammenarbeit mit der DLR Köln, Institut f. Raumsimulation wurden erste Hinweise auf magnetische Ordnung im flüssigen Zustand gefunden. Jedoch waren die erreichten Unterkühlungen nicht ausreichend, um in den ferromagnetischen Bereich vorzustoßen.
Wir habens geschafft!
An der Universität Bonn haben wir eine miniaturisierte Levitationsanlage aufgebaut, die aufgrund der Probenverkleinerung eine tiefere Unterkühlung ermöglicht. Im Bild ist ein Vergleich der verwendeten Co80Pd20-Proben zu sehen. Ganz rechts eine bei der DLR verwendete Probe (ca. 1000mg), in der Mitte eine Probe für den ersten Prototyp der Miniatur-Levitationsanlage (ca. 60mg), die linke Probe mit einer Masse von 20mg wurde zur Messung in unserer Mikro-Levitationsanlage verwendet. Die Zahlen im Bild geben den Probendurchmesser an.
Mit dieser Anlage wurde der erste Nachweis des geführt!
Die Mikrolevitation
Dargestellt ist eine typische Spule der Mikrolevitationsanlage, daneben eine Probe. Größenmaßstab bildet eine 1-Pfennigmünze. |
Während des Betriebes schwebt die Probe im hochfrequenten Wechselfeld in der Levitationsspule. |
Für die eigentliche Messung wird die Probe in der Levitationsspule
aufgeschmolzen und anschließend wieder abgekühlt. In einem
Abstand von ca. 25mm befindet sich der Magnet der modifizierten Faradaywaage,
an dem die wirkende Kraft gemessen wird.
Hier sind Rezipient und Waagenhülle aus Darstellungszwecken entfernt,
als Beispiel schwebt eine Aluminium-Probe in der Spule, da CoPd an Luft
zu stark oxidiert.
Hier ist eine Bilderfolge eines Unterkühlungsprozesses dargestellt. Zunächst ist die Probe sehr heiß (1. Bild), Abkühlen führt in den magnetischen Bereich. Hier kann die Suszeptibilität gemessen werden (2.Bild). Schießlich ist die Unterkühlung so groß, daß sich Kristallisationskeime bilden und die Probe fest wird. Dabei wird Wärme frei, die bei der Bildung des Kristalls entsteht (3. Bild). Dieser Vorgang heißt Rekaleszenz. In Bild 4 schließlich ist die Probe abgekühlt und fest (Blick von oben).
Der flüssige Ferromagnet
Zunächst ein ganz einfaches Experiment!
Wir halten einfach einen starken Magneten neben die flüssige Probe und kühlen sie ab. Mal sehen, was passiert...
Eine flüssig-unterkühlte Probe schwebt in einer Levitationsspule,
neben der Probe befindet sich ein starker CoSm-Magnet; im oberen Bild
ist die Probentemperatur deutlich höher als die Curie-Temperatur,
man findet kein Anzeichen von Magnetismus.
Anders im Bild unten: die Probe ist flüssig unterkühlt
und wird vom Magnet angezogen!
Die Probe ist im flüssigen Zustand magnetisch.
Laden eines kurzen Filmes (Quicktime) einer Abkühlprozedur. Hier ist der Blick von oben auf die Probe. Läßt man den Film in einer Schleife ablaufen, so kann leicht gesehen werden, daß die Probe zu einer Seite (oben) gezogen wird, während sie abkühlt. Schließlich erstarrt sie mit einem kurzen Aufblitzen (Rekaleszenz).
Entgegen der allgemeinen Lehrmeinung gibt es einen flüssigen Ferromagneten, seine Curie-Temperatur wurde zu Tc(l)=1258K bestimmt (s.u.).
Der erste Nachweis des flüssigen Ferromagneten
An der Universität Bonn ist uns der erste Nachweis der spontanen ferromagnetischen Ordnung in der flüssig-unterkühlten Schmelze von Co80Pd20 gelungen. Mittels einer modifizierten Faradaywaage wurden die Suszeptibilität bzw. Magnetisierung der Probe als Funktion der Temperatur gemessen.
Man sieht deutlich, daß der Anstieg der Suszeptibilität mit fallender Temperatur einem Curie-Weiss-Gesetz folgt und unterhalb der Curie-Temperatur schließlich in ein Plateau der Magnetisierung einmündet. Dieses Plateau zeigt die Ausbildung ferromagnetischer Domänen unter dem Einfluß des externen Magnetfeldes der Faradaywaage.
Die Auftragung des inversen Kompensationsstromes gegen die Temperatur macht den Effekt deutlicher.
Die Auftragung zeigt für höhere Temperaturen den Verlauf einer Geraden, wie nach Curie-Weiss zu erwarten ist. Im kritischen Bereich der Curie-Temperatur erfolgt das Abknicken in das Plateau. Die Curie-Temperatur der flüssigen Phase läßt sich extrapolieren zu Tc(l)=1258K.
Deutlich sichtbar befinden wir uns unterhalb dieser Temperatur im ferromagnetischen Bereich der Flüssigkeit.